09.08.2020
Verschiedenheit
"Du sollst Dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgend etwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde" (AT, Ex 20,4)
Dieser Satz ist mir schon lange sehr wichtig...nun bin ich einfach Mensch und Frau, (und keine Theologin), und interpretiere den Satz auf meine Weise....:
Mir ein Bild zu machen, bedeutet Sicherheit...Sicherheit in meiner kleinen Welt, Sicherheit in meinem Blick auf die Welt, in meinem Umgang damit.....(s. dazu auch meinen Text "Neustart und Herausforderung" vom 18.7.2020)....und Sicherheit hat ja nun eine große Bedeutung für unseren Alltag.
Zugleich bedeutet es auch, mögliche Aspekte, die außerhalb meines Bildes liegen, zu übersehen...
Ich verstehe hier den Satz (der ja nicht umsonst eines der 10 Gebote ist, da hat der Moses -respektive Gott - sich schon was dabei gedacht) auf der Ebene des Umgangs der Menschen miteinander:
Im Kontakt zu anderen, zu meinen Mitmenschen, mir ein Bild zu machen, bedeutet: ich habe eine Vorstellung davon, wie der Andere ist...diese Vorstellung beruht auf verschiedenen Dingen:
- auf meinen persönlichen Erfahrungen mit der Anderen
- auf dem, was andere mir erzählen
- auf dem, was ich erwarte, wünsche
- auf dem, was ich für Erfahrungen mit Menschen gemacht habe...
- auf dem, was ich für Erfahrungen mit mir selber gemacht habe...
.....
Also: wenn ich mir ein Bild vom Gegenüber mache, entsteht das aus vielen verschiedenen Elementen...und nicht alle (die wenigsten?) haben mit dem Menschen selber zu tun.
Da sind ja vielleicht Fehler vorprogrammiert?
Und dann ist die spannende Frage, wie ich mich entscheide:
- entscheide ich mich für die Sicherheit: dann "weiß" ich, was ich von meinem Gegenüber zu erwarten habe, kann mich bewegen, ohne Angst vor großen Überraschungen oder Herausforderungen haben zu müssen..zumindest denke ich das...
- entscheide ich mich für die Offenheit, mit dem Risiko, manchmal zu staunen, und der Chance, manchmal zu staunen?
Ich persönlich versuche immer wieder, mich für die Offenheit zu entscheiden...und, nein, natürlich gelingt das oft nicht...ich habe Bilder im Kopf, Schubladen, die für diese Bilder vorgerichtet sind, da passen Menschen rein...meiner Sicherheit hilft es, vor allem die da hinein zu stopfen, die mir fremd, gefährlich, unangenehm...erscheinen...
Zugleich ist das in meiner persönlichen Moral falsch...und dann rappele ich mich, und versuche es mit offenem Herzen: ja, ich erlebe, sehe da etwas, was mir fremd ist, ich nicht verstehe...mich erschreckt, nervt...mich in Frage stellt....(ganz oder in Teilen)....was bedeutet das: was bedingt die Verhaltensweise meines Gegenüber´s? Welche Geschichte steckt dahinter (Berufskrankheit ;-) )? Und: was hat es mit mir zu tun? Ist das Erschrecken in mir bedingt? Welche Anteile in mir schwingen hier mit?
Nein, ich muß nicht jeden mögen...es muß auch nicht jede*r mich mögen (das auszuhalten, ist die entschieden schwierigere Aufgabe!)...und ich möchte jeden Tag auf´s Neue daran arbeiten, mein Herz offen zu halten für neue Erfahrungen, neue Erkenntnisse..und mich immer wieder daran erinnern, daß ein Bild vom Gegenüber zugleich auch eine Wertung mit sich bringt, die mir nicht zusteht...
Im Augenblick erscheint mir das besonders wichtig, ich sehe mich in eine Welt gestürzt, in der plötzlich (?) viel mehr gewertet, entwertet, gespalten wird...seit die Angst Einzug in vielen Herzen gehalten hat, bedarf es mehr Sicherheit....das Schreckliche daran ist für mich, daß ich diese Sicherheit für scheinbar und gefährlich halte...und folglich extrem schädlich....
01.08.2020
Aushalten
Vor einiger Zeit sprach ich mit einem klugen Menschen über "Aushalten"...und zwar "Aushalten" als Ressource.....
Wahrscheinlich, nein, ganz bestimmt ist es immer subjektiv, wann wir Aushalten sinnvoll finden, und wann nicht...
Hier geht es nun um die Frage des Umgangs mit definitiv (zumindest jetzt, im Augenblick) unveränderbaren Dingen...dazu gibt es ja mancherlei kluge Sprüche.
Mir fällt Aushalten oft schwer.....Ungerechtigkeit, unverständliche Handlungen von Menschen, Zerstörung der Natur...es gibt so allerhand, was ich nicht gerne aushalten möchte....Aushalten bedeutet ja auch, mich hilflos zu fühlen, und das ist nun mal eins der blödesten, schlimmsten Gefühle, die Menschen haben können...natürlich möchte ich das vermeiden.
Und doch muß ich erkennen, daß es manchmal oder auch ein paarmal öfter Situationen gibt, in denen ich (noch) gar keinen Einfluß (mehr) nehmen kann....da gibt es von Kindesbeinen an eine Fülle an Beispielen...und dann?
Dann habe ich - wie immer im Leben - verschiedene Möglichkeiten:
- Mich schlecht fühlen
- Mehr oder weniger hysterisch nach Lösungen suchen
- Mich schlecht fühlen
- Mehr oder weniger sinnvolle Lösungen aus der Hüfte schießen
- Mich schlecht fühlen
- Nach Verantwortlichen - gerne auch Schuldigen, das macht mehr her - suchen
- Mich schlecht fühlen
- ......
- Mich schlecht fühlen
- AUSHALTEN
Was ist vielleicht gut am Aushalten?
- Ich spare mir Einiges an Energie...
- Ich habe Zeit und Luft zum Nachdenken....
- Ich kann mich auf andere Dinge konzentrieren
- Es macht eine gesunde Demut....ich erkenne, daß ich -einzigartiger Teil der Schöpfung, die ich bin - doch auch nur ein kleines Rädchen bin
- Ich glaube, ich werde auch irgendwie toleranter....(zu Toleranz will ich auch mal was schreiben)...
Und: es ist ja vielleicht nicht für immer: vielleicht ist es morgen schon anders..einfach, weil ich abgewartet hab..sei es, daß sich im Außen etwas ändert, sei es, daß ich die Situation besser oder zumindest anders verstehe, sei es (Königsdisziplin), daß ich erkenne, daß ich nicht erkennen kann, welchen Sinn das, was mich gerade stört, im großen Zusammenhang macht...(was nicht -nie?-bedeutet, daß es keinen Sinn macht)...wer bin ich, daß ich mir anmaße, zu wissen, was richtig und falsch, gut und böse ist???
Und dann, wenn ich überzeugt bin, so schwer das auch manchmal ist, daß alles einen Sinn macht, wenn ich nur meine Perspektive entsprechend verändere, dann brauch ich mich auch nicht mehr hilflos fühlen, sondern darf mich - zumindest wenn ich ein spirituelles Vertrauen hab - verlassen, daß es eine Ebene, Instanz gibt, auf der das schon irgendwohin führt...